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Solar-Aktivhäuser

Optimierungspotentiale durch innovative Technologien

Um die deutschen und europäischen Klimaschutzziele zu erreichen, sind CO 2 -reduzierte Wärmeversorgungskonzepte gefragt. Eine Lösung ist das Solar-Aktivhaus, dessen Gesamtwärmebedarf für Raumheizung und Trinkwarmwasser zu 50 bis 100 Prozent vor Ort gedeckt wird. Es besitzt typischerweise eine sehr gute Wärmedämmung, große Solarkollektoren und thermische Energiespeicher, ein Niedertemperatur-Wärmeverteilsystem sowie eine Architektur, die auf die Nutzung passiver Solargewinne ausgelegt ist.

Die zentralen Systemkomponenten sind Kollektorflächen von 30 bis 60 m² in Verbindung mit Warmwasserspeichern mit einem Volumen von 5 bis 10 m³. Ein integrierter Wärmespeicher sorgt dafür, dass die Energie auch dann zur Verfügung steht, wenn die Sonne nicht scheint. Mit der nutzbaren Abwärme des Speichers kann zwischen 5 bis 15 Prozent des Heizwärmebedarfs gedeckt werden. Aber wie kann eine solare Wärmeversorgung bald verstärkt realisiert werden?

Abbildung 1: Prinzipielle Darstellung der vier charakteristischen Betriebsphasen der solaren Wärmeversorgungsanlage eines Mehrfamilien-Solar-Aktivhauses auf Basis von gemessenen und berechneten Tageswerten. Das Ganze ist im Prinzip auf ein Einfamilienhaus übertragbar, aber mit kleineren Energiemengen.
Phase 1 - P1: Entladung des Wärmespeichers nach Beginn der Heizperiode - Hier kann der Wärmeverbrauch vollständig mit direkt erzeugter und gespeicherter Solarwärme gedeckt werden.
P2: Zusatzwärmeerzeugung - Der Speicher ist größtenteils entladen und die zur Verfügung stehende Solarwärme reicht zur dauerhaften Deckung des Wärmeverbrauchs nicht aus. Es muss zusätzliche Wärme erzeugt werden - außer bei einem Solar-Aktivhaus mit einem solarthermischen Volldeckungsanteil.
P3: Beladung des Wärmespeichers - Das zunehmende Solarstrahlungsangebot und der rückläufige Wärmeverbrauch ermöglichen eine vollständige Deckung mit Solarwärme. Der Speicher wird in dieser Phase wieder solar beladen.
P4: Solarer Überschuss - Hier ist der Speicher vollständig thermisch beladen und es steht deutlich mehr Solarwärme zur Verfügung als verbraucht und zur Deckung der Wärmeverluste des Speichers benötigt wird. Um eine Überhitzung der solaren Wärmeversorgungsanlage zu vermeiden, kann in dieser Phase eine aktive Kühlung des Speichers in der Nacht über die Sonnenkollektoren realisiert werden. / Quelle: Solar- und Wärmetechnik Stuttgart, Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen

Forschung für zukunftsweisende Gebäude

Für die Berechnung der thermischen Leistungsfähigkeit von innovativen Kombianlagen mit hohen solaren Deckungsanteilen wurden dynamische Systemsimulationen mit der Software "TRNSYS" durchgeführt. Betrachtungsgegenstand war ein energieeffizientes Einfamilienhaus am Standort Würzburg mit einem jährlichen Gesamtwärmebedarf von 7.485 kWh und Kollektoren mit einer Neigung von 45° auf dem Süd-Dach. Dazu ergänzend noch die folgenden Kennzahlen:

• Beheizte Wohnfläche von 128 m²
• Heizwärmebedarf 4.540 kWh/a, 35 kWh/m²
• Wärmebedarf für Trinkwassererwärmung 2.945 kWh/a.

Für die Solarnutzung ist zunächst entscheidend, welche Kollektorleistung sich bei geringer Einstrahlung, wie sie in den Übergangsmonaten und im Winter häufig auftritt, erreichen lässt. Bei einer Umgebungstemperatur von 0 °C erzielen Hochleistungskollektoren heizungstypische Vorlauftemperaturen von 50 °C und mehr - bei über 60 Prozent Wirkungsgrad. Dies kann beispielsweise mit Vakuumröhrenkollektoren mit CPC-Spiegel (Compound Parabolic Concentrator) mit einer neuartigen Antireflex-Beschichtung oder mit Flachkollektoren mit Vakuumwärmedämmung erreicht werden. Beide sind für mehr als 150 °C Prozesswärme ausgelegt. Es zeigt sich (Abbildung 2), dass mit 20 m² Fläche mit Hochleistungskollektoren bereits 60 Prozent anteilige Energieeinsparung erreicht werden. Mit 40 m² sind es 80 Prozent.

Daneben ist eine effiziente Wärmespeicherung in Solar-Aktivhäusern wichtig. Sie wird heute meist mit Warmwasserspeichern aus Stahl realisiert. Während die Errichtung des zum Teil mehrere Meter hohen Speichers im Neubau relativ problemlos ist, ist das Einbringen in Bestandsbauten aufwändiger. Die naturgemäß recht schweren Speicher müssen dort von Spezialisten zusammengeschweißt werden. Alternativ können glasfaserverstärkte Kunststoffspeicher eingesetzt werden. Auch können kleinere modulare Behälter zu einem großen Speichervolumen kombiniert und gemeinsam wärmegedämmt werden, was sich für viele Wohn- und Nichtwohngebäude eignet.

Vakuumdämm-Systeme verringern die Wärmeverluste von Speichern um den Faktor fünf bis zehn gegenüber einer konventionellen Dämmung. Abbildung 2 zeigt, dass die Reduzierung der Wärmeverlustrate durch Vakuumdämmung des Speichers auf 1 W/K zu einer signifikanten Steigerung der Energieeinsparung führt - also zu einer weiteren Verkleinerung der Anlagengröße bei gleicher Energieeinsparung: Mit nur 30 m² Kollektorfläche des Vakuumflachkollektors oder des CPC-Vakuumröhrenkollektors mit Antireflexbeschichtung wird nun eine 80-prozentige anteilige Energieeinsparung erzielt.

Abbildung 2: Anteilige jährliche Energieeinsparung einer solaren Kombianlage mit einem 10 m³ Warmwasserspeicher für unterschiedliche Kollektortypen. Durchgezogenen Linien für Speicher mit konventioneller Wärmedämmung, gestrichelte Linien für Speicher mit Vakuumwärmedämmung. / Quelle: Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen, Universität Stuttgart

Darüber hinaus ergibt sich eine signifikante Effizienzsteigerung, wenn der bisher nicht genutzte Strahlungsüberschuss aus den Sommermonaten als Nutzwärme in der Heizperiode zur Verfügung gestellt wird. Dabei ermöglicht eine thermochemische Speicherung - im Vergleich zu Warmwasserspeichern - eine bis um den Faktor acht höhere Energiedichte. Sie kann zudem in einem großen Temperaturbereich eingesetzt werden und hat sehr geringe Wärmeverluste.

Thermochemische Speicher: Sorptionsspeicher

Unter dem Begriff "thermochemische Wärmespeicherung" werden Verfahren zusammengefasst, die auf Basis von Sorptionsprozessen oder durch reversible chemische Reaktionen eine spezielle Form der Wärmespeicherung darstellen. Die Adsorption beschreibt allgemein die Anlagerung eines Gases oder eines Dampfs an der (inneren) Oberfläche eines festen Stoffs. Hochporöse Sorptionsmaterialien wie Silicagel oder Zeolithe (Gerüstsilikate) haben die Eigenschaft, zum Beispiel Wasserdampf stark anzuziehen und unter Wärmeabgabe zu binden (Adsorption). Umgekehrt wird bei Erwärmung des Sorptionsmaterials der gebundene Wasserdampf wieder freigesetzt (Desorption). Nachteilig bei dem auf Adsorption basierenden Speichermechanismus ist, dass die Regeneration des Speichermaterials (Desorption) eine hohe Regenerationstemperatur von bis zu 180 °C erfordert. In diesem Punkt profitiert die Speichertechnologie von den oben genannten neuen Hochleistungskollektoren.

Entsprechend wurde auch das thermische Verhalten der Anlage in Abbildung 3 simuliert: Der Sorptionsspeicher besteht aus einem externen Reaktor, in dem Adsorption und Desorption stattfinden, aus einem separaten Vorratsbehälter für feuchtes und getrocknetes Speichermaterial sowie einem Materialtransportsystem. Als Wärmequelle dient das Kollektorfeld, das wahlweise den Kombispeicher aufheizt oder die für die Desorption des Speichermaterials benötigte Wärme liefert.

Der Sorptionsspeicher wird so auf zwei Arten betrieben und somit treten fast keine Stagnationszeiten auf. Dafür ist eine Kollektorfläche von 21 m² notwendig. Mit diesem System wird eine Energieeinsparung von 81 Prozent erreicht. Im Vergleich zu wasserbasierten Speichern wird eine Reduzierung der notwendigen Kollektorfläche von über 50 Prozent für konventionell gedämmte Speicher ermöglicht, eine Verringerung von 30 Prozent im Vergleich zu vakuumgedämmten Wasserspeichern.

Abbildung 3: Anlagenschema einer solaren Kombianlage mit einem Sorptionsspeicher: In den Sommermonaten, wenn mehr Solarstrahlung vorhanden ist, als für die Deckung des momentanen Wärmebedarfs nötig, erfolgt die Regeneration des Speichermaterials. Das Kollektorfeld liefert die dafür erforderliche Wärme. Dazu wird in einem Luft/Wasser-Wärmeübertrager ein Luftstrom bis auf etwa 180 °C erhitzt und die heiße Luft durch den Reaktor geblasen. Der bei der Desorption frei werdende Wasserdampf wird über den Luftstrom abtransportiert. Die aus dem Reaktor ausströmende feuchte Luft wird über einen Luft/Luft-Wärmeübertrager geführt, um die aus der Umgebung angesaugte Frischluft vorzuwärmen. Anschließend wird die feuchte Abluft in die Umgebung abgeführt.
Ist in den Wintermonaten die Solarstrahlung nicht ausreichend, um die Wärmelast für Trinkwarmwasser und Raumheizung direkt mit der Solaranlage zu decken, so erfolgt eine thermische Beladung des Kombispeichers mit Wärme aus dem Sorptionsspeicher. Dafür wird feuchte Raumluft (Zuluft) angesaugt und durch den Reaktor geführt. Gleichzeitig wird dem Rektor regeneriertes, trockenes Speichermaterial zugeführt, das den in der zugeführten Luft vorhandenen Wasserdampf adsorbiert. Die freigesetzte Reaktionswärme wird über den Luftstrom zum Luft/Wasser-Wärmeübertrager transportiert und anschließend über den Solarkreiswärmeübertrager dem Kombispeicher zugeführt. Die aus dem Luft/Wasser-Wärmeübertrager austretende, trockene Luft wird über den Luft/Luft-Wärmeübertrager geführt, um die angesaugte feuchte Raumluft vorzuwärmen. / Quelle: Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen, Universität Stuttgart

Ein weiteres, immer wichtiger werdendes Einsatzgebiet von thermischen Energiespeichern ist die Einbindung ins elektrische Netz zur Übernahme von klassischen Aufgaben des Lastmanagements. Mit sogenannten Multifunktionsspeichern ist es möglich, Strom aus dem Netz zu entnehmen und als Wärme zu speichern. Dies passiert zu Zeiten mit Stromüberschuss. Zusätzlich zu dieser elektrischen Beladung kann ein Multifunktionsspeicher auch direkt thermisch beladen werden. Die Abgabe von thermischer Energie geschieht zeitversetzt, sobald Wärme zur Beheizung von Gebäuden oder zur Trinkwassererwärmung benötigt wird.

Zukünftige Entwicklungen von Multifunktionsspeichern werden es einerseits erlauben, thermische Energie bei deutlich höheren Temperaturen für den Einsatz in der Industrie als Prozesswärme zu speichern. Andererseits wird es möglich sein, entweder direkt Strom zu speichern oder über einen Strom-Wärme-Strom-Prozess aus der gespeicherten Wärme wieder Strom zu erzeugen und anschließend dem Verbraucher elektrische Energie zur Verfügung zu stellen. Damit werden Multifunktionsspeicher bald nicht mehr aus der Energieversorgung wegzudenken sein.

Fazit und Ausblick
Solar-Aktivhäuser haben auch in vorhandenen Siedlungsstrukturen mit Bestandsbauten ein erhebliches Marktpotential. Kompakte, solare Kombianlagen mit hocheffizienten Kollektoren, hoher Speicherkapazität und geringen Wärmeverlusten stellen hier einen wesentlichen Fortschritt dar. Auch wenn diese Systeme zum Zeitpunkt ihrer Einführung teurer als konventionelle Lösungen sind, ist davon auszugehen, dass die Mehrkosten durch die deutlich verringerte Anlagengröße mehr als kompensiert werden. Insbesondere bei kleinen Dachflächen ergeben sich vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten. Perspektivisch ist das Konzept der Solar-Aktivhäuser von der ausschließlichen Wärme- hin zur Gesamtenergieversorgung zu erweitern. Über diese Aspekte berichtete Dr.-Ing. Harald Drück, Leiter des Forschungs- und Testzentrums für Solaranlagen an der Universität Stuttgart, auf der dritten VDI-Fachtagung "Dezentrale und Hybride Energiesysteme für Gebäude und Quartiere" in Köln.

Autor: Dr.-Ing. Harald Drück, Leiter Solar- und Wärmetechnik Stuttgart und Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen, Universität Stuttgart

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