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Unsere deutsche Seite architekten24.de publiziert
Int. Catalogue 2008/09
Rohbau, Fassade, Dach, Fenster, Türen

Ökologisch sinnvoll dämmen

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen bieten für den umweltbewussten Verbraucher eine breite Palette an Einsatzmöglichkeiten.
Eine Putzträger-Dämmplatte zusammen mit einer biegsamen Holzfaserdämmplatte ermöglicht die Fassadendämmung mit Oberflächenausgleich in einem Arbeitsgang.
Foto: Unger Diffurtherm

Dämmstoff-Übersicht
Mineralische und fossil basierte Dämmstoffe aus Stein- und Glaswolle sowie Polystyrolschaum sind seit rund 40 Jahren die herkömmlichen Materialien im Hausbau. Doch seit einiger Zeit kommen Alternativen hinzu: Immer mehr moderne Naturfaserdämmstoffe etablieren sich am Markt, nachgefragt nicht nur von umweltbewussten Verbrauchern, sondern auch gefördert durch die öffentliche Hand. Dämmstoffe aus nachwachsenden und recyclierten Rohstoffen - beispielsweise aus Holz, Flachs und Hanf oder Zellulose - punkten beim Verbraucher mit guter bautechnischer Qualität und einem angenehmen Wohnklima. Ihre Produktion ist in der Regel weniger energieaufwändig als die der erwähnten herkömmlichen Dämmstoffe, die außerdem nur bedingt recyclebar sind. Naturfaserdämmstoffe machen auf dem Markt der Dämmstoffe systematisch Boden gut und haben überproportionale Wachstumszahlen, auch wenn ihr Anteil von gut vier Prozent immer noch als Nische bezeichnet werden muss. So erkennt der Verband Holzfaser Dämmstoffe e. V. (VHD) eine wachsende Zahl ökologisch interessierter Architekten, die sich verstärkt für die Produkte seiner Mitglieder interessieren. Der Marktanteil von Holzfaserdämmstoffen in Deutschland am Anteil aller ökologischen Dämm-Materialien liegt bei etwa 60 Prozent und derjenige von Zellulose etwa bei 30 Prozent.

Gründe für die steigende Nachfrage liegen laut VHD-Geschäftsführer Dr.-Ing. Tobias Wiegand daran, dass bauinteressierte Menschen zunehmend für ökologische Themen und nachhaltige Wohnkonzepte sensibilisiert seien. "Selbst Preisargumente verlieren an Gewicht, sobald Aspekte wie Erderwärmung, Klimaschutz, Kohlendioxid-Minderung und nicht zuletzt auch der Verbrauch von Primärenergie bei der Dämmstoffproduktion eine handlungsleitende Rolle spielen", so Wiegand.

Dämmung der Fassade
Naturdämmstoffe werden heute für fast alle Einsatzbereiche angeboten. Bei der Außendämmung der Gebäudehülle können Bauherren massives Mauerwerk mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Holzfaser- beziehungsweise Korkplatten oder Schilfmatten dämmen. Vor allem feste Holzfaserplatten sind beliebt, fast alle WDVS-Anbieter haben sie inzwischen alternativ zu konventionellen Dämmstoffen im Sortiment. Oder ein Zimmermann setzt eine Holzkonstruktion vor die Fassade und füllt diese mit losen Dämmstoffen wie Hanf, Zellulose oder Holzfasern auf. WDVS aus Naturdämmstoffen sind wesentlich weniger anfällig für das Verschmutzen und Veralgen, da sie langsamer auskühlen und so der Kondensatanfall aus feuchtkalter Luft auf der Putzoberfläche geringer ist. Gerade in den Innenstädten sind Schmutz, Algen und Flechten an konventionell gedämmten Fassaden ein häufiges Problem, das zusätzliche und wiederkehrende Kosten verursacht.

Wärmedämmverbundsystem einmal anders – die Holzkonsolen sind Träger der neuen Fassade, hinter die der Dämmstoff eingeblasen wird.
Foto: Altbauzentrum

Geeignet im Sommer
Auf der Eigenschaft, langsamer auszukühlen, beruht auch ein anderer Vorteil pflanzlicher Dämmstoffe, nämlich ihre ideale Eignung für den sommerlichen Wärmeschutz, etwa beim Dachausbau. Man spricht hier auch von der hohen spezifischen Wärmekapazität von Naturdämmstoffen, durch die das Eindringen sommerlicher Hitze besonders lange verhindert wird. So hat Flachs eine spezifische Wärmekapazität von 1,6 bis 1,8 kJ/kg K, Mineralwolle dagegen nur von 0,8 bis 1,0 kJ/kg K (Energieaufnahmekapazität pro Kilogramm Dämmstoff und pro Grad Kelvin Temperaturänderung). Holzfasern und Zellulose erreichen Spitzenwerte von teilweise über zwei kJ/kg K. In der Folge erreichen hohe Außentemperaturen den Wohnraum so zeitverzögert, dass sie mit der abgekühlten Nachtluft "weggelüftet" werden können. Eine detaillierte, energetische und ökonomische Bewertung verschiedener Dämmstoffe ist in unserer Tabelle im Anschluss an diesen Beitrag aufgeführt. Als Aufdachdämmung bieten sich feste Holzfaserdämmplatten an, zwischen den Sparren Mattenoder Einblasdämmstoffe. Während Matten beispielsweise aus Hanf oder Flachs sehr selbstbaufreundlich sind, werden lose Dämmstoffe wie Zellulose-, Hanf- oder Holzfasern von Fachbetrieben in die Konstruktion eingeblasen, wobei eine besonders hohe Fugendichtheit erreicht wird.

Vorteil für Schwergewichte
Dass die Bewertung der verschiedenen Dämmstoffe allein aufgrund ihrer genormten Kennzahlen nicht allen realen Bedingungen im Sommer und Winter im Haus gleich gerecht wird, belegt eine aktuelle Untersuchung: Im Auftrag des Holzfaser-Dämmplatten-Herstellers "Inthermo" verglich das Wilhelm-Klauditz-Institut für Holzforschung das Dämmvermögen schwerer Holzfaserdämmplatten in der Praxis mit ihren technischen Bemessungswerten. Sie stellten fest, dass die Platten mit einem Gewicht von 190 Kilogramm pro Kubikmeter um acht Prozent bessere Dämmwerte aufwiesen als die technischen Parameter eigentlich erwarten ließen. Christoph Jost, Technik-Leiter von Inthermo, sieht sich in seiner Auffassung bestätigt, dass ein höheres Gewicht für den Bauherrn vorteilhafter ist als ein niedriger Lambda-Wert, der die Wärmeleitfähigkeit bezeichnet. "Denn die schweren Platten punkten nicht nur beim Wärmeschutz, sondern bieten auch spürbare Vorteile beim sommerlichen Hitzeschutz sowie beim Schallschutz", so Jost.

Sonderfall Innendämmung
Sogar Fachwerk-Fassaden oder denkmalgeschützte Gebäude müssen auf einen adäquaten Wärmeschutz nicht verzichten, der innen an die Außenwand angebracht wird. Dabei gilt es jedoch, größte Sorgfalt walten zu lassen, da sonst die Gefahr der Tauwasserbildung besteht. Durch ihre hohe Feuchtigkeitstoleranz und die Möglichkeit einer diffusionsoffenen Bauweise sind Naturdämmstoffe hier in der Regel von Vorteil. Entsprechend fachgerecht eingebaut, haben sie den Vorteil, Feuchtigkeit aufnehmen zu können, ohne dass sie ihre dämmende Wirkung einbüßen. Für eine Innendämmung im Trockenbau kommen beispielsweise Holzfaserdämmplatten in Frage - teilweise auch als Kombination von Holzfasern mit eingearbeitetem Lehm. Die Anbringung der Platten auf der Innenseite der Außenwand ist schnell und einfach. Die Platten werden mit Klebe- und Spachtelputz vollflächig bestrichen und stoßversetzt an die Wand verklebt, ohne dass weitere mechanische Befestigungen notwendig sind. Der Innenraumgestaltung sind keine Grenzen gesetzt. Direkt auf die Dämmplatten kann Lehmputz oder auch Kalk- und Mineralputz aufgetragen werden.

Um bezüglich Feuchtigkeit in den Innenräumen auf der sicheren Seite zu sein, empfehlen Baubiologen oder Architekten nach Abklärung der Ursachen oft die rein mineralischen Kalziumsilikat-Platten. Sie wirken mit einem pH-Wert von zehn schimmelhemmend. Welches Material im konkreten Fall am besten geeignet ist, sollte jedoch stets ein Fachmann im Rahmen einer Vor-Ort-Besichtigung entscheiden.

Gesamtkonzept sinnvoll
Auch bei größeren Sanierungen, die eine verbesserte Wärmedämmung des Hauses zum Ziel haben, ist es sinnvoll, sich vom Fachmann beraten zu lassen. Ist beispielsweise aus optischen Gründen ein Anstrich an der Außenfassade fällig oder bröckelt sogar der Putz, lohnt es sich, ein WDVS für die Außenfassade ins Auge zu fassen. Einige Kosten wie der Gerüstbau fallen so oder so an, andere können teilweise entfallen, denn oft muss dabei der alte Putz nicht abgeschlagen werden. Der Fachverband WDVS geht davon aus, dass sich die Mehrkosten für ein WDVS gegenüber einer herkömmlichen Fassaden-Sanierung bereits nach vier bis sieben Jahren amortisieren. Steigende Energiepreise dürften die Zeitspanne noch verkürzen.

Außerdem sollte dabei nicht an der Dämmstärke gespart werden. Wenn eine wärmetechnische Verbesserung eines Bauteils wie beispielsweise die Außenfassade in Angriff genommen wird, sollte auch das jeweils wirtschaftlich und bautechnisch Optimale durchgeführt werden, so der Gesamtverband der Dämmstoffindustrie (GDI). Eine spätere Nachrüstung mit einem dickeren Dämmstoff ist regelmäßig nicht wirtschaftlich.

Unabhängige Beratung
Holzfasern, Zellulose, Flachs und Hanf sind die gängigsten einheimischen Naturdämmstoffe. Es gibt aber auch Produkte aus Schilf, Stroh, Wiesengras und Schafwolle. Letztere ist sogar in der Lage, Schadstoffe wie beispielsweise Formaldehyd zu binden und teilweise auch langfristig abzubauen. Daher wird sie von einigen Herstellern bei der Sanierung von belasteten Fertighäusern aus den siebziger Jahren eingesetzt.

Grundsätzlich bietet das "natureplus-Siegel" eine hohe Sicherheit in Bezug auf Gesundheits- und Umweltverträglichkeit. Es bestätigt dem Hersteller und dem Bauherrn eine umweltgerechte Produktion des Baustoffs, die Schonung von endlichen Ressourcen und die europaweit strengsten Grenzwerte für gesundheitsbedenkliche Stoffe. Eine herstellerunabhängige Beratung zu Naturdämmstoffen und anderen Naturbaustoffen bietet die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums an. Außerdem gibt es Dämmstoffe an wechselnden Orten auch zum Anfassen: Seit dem Sommer 2009 tourt eine Bauausstellung der FNR quer durch Deutschland, um den Interessierten das Bauen mit nachwachsenden Bau- und Dämmstoffen näherzubringen. Der Container-große Kubus aus Massivholz mit leichter Weidenfassade soll noch bis 2011 unterwegs sein.

Autor: Peter Streiff
Der Artikel steht als pdf-Download zur Verfügung.
Quelle: BUND-Jahrbuch "Ökologisch Bauen & Renovieren" 2010 , S. 86-89

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